Weil wir es für den Beginn einer fruchtbaren Auseinandersetzung halten, widmen wir dem Kommentar und unserer Antwort einen eigenen Beitrag in unserem Blog. Der Kommentar von Frau Hoyer bezieht sich auf den Blog-Beitrag vom 09.11.2023 – Demokratie in Grünheide.
Es ist schon sehr verwunderlich, das so oft auf ein demokratisches Verfahren verwiesen wird. Ist das das einzige Argument? Ich war bei dieser unsäglichen Gemeindevertreter Versammlung dabei. Das was dort durchgeführt wurde, hat mit Demokratie nichts mehr zu tun. Warum wurde von der Vorsitzenden nicht die Tagesordnung verändert, dass der Tagesordnungspunkt von Top 27 vorgezogen wird. Sie und andere Gemeindevertreter haben kein Interesse das öffentlich über die Erkenntnisse aus dem Gutachten gesprochen wird. Es ist beschämend das es in der heutigen Zeit noch immer geduldet wird, dass ehemalige Stasi Mitarbeiter weiter im Amt bleiben können – ohne Konsequenzen. Ein Bürgermeister hat wissentlich gelogen und wird auch von der SPD geschützt. Weiß er zu viel, weil er in der Task force Tesla ist? Die SPD und alle anderen demokratischen Parteien tun alles, die Wählerinnen und Wähler der AFD zuzuführen.
Ich habe volles Verständnis wenn Menschen erklären, sie haben das Vertrauen in die Demokratie verloren.Ich fordere die SPD auf, endlich mal die Augen zu öffnen und über den eigenen Tellerrand zu blicken. Verabschieden Sie sich von den Dollar Zeichen in Ihren Augen und kümmern sich um die Umwelt und treten Sie gegen weitere Waldrodung ein. Auch die Verlegung des Bahnhofes Fangschleuse ist für mich ein Zeichen, dass es der Politik nicht um die Umwelt und den Menschen geht, sondern es wird den Investoren alles in den A…. geschoben. Die SPD ist mal als Arbeiterpartei angetreten. Die Arbeitsbedingungen bei Tesla werden augenscheinlich so hingenommen. Hauptsache die Dollar Zeichen blühen. Ich kann Ihnen nur raten „Back to the Root„.
Frau Hoyer am 09.11.2023
Unsere Antwort
Sehr geehrte Frau Hoyer,
Sie öffnen viele Themenfelder und wir möchten gern sachlich und geordnet auf Ihre guten Punkte eingehen. Gleich vorab möchten wir Ihnen auch mitteilen, dass wir es ehrlich sehr schätzen, dass Sie die Kommentarfunktion nutzen. Das ist tatsächlich nicht nur so daher gesagt. Wir begrüßen das sehr und freuen uns auf einen Austausch auf Augenhöhe.
Zu Ihren Punkten:
1. Unsägliche Gemeindevertretersitzung
Wir sind ganz bei Ihnen. Die Atmosphäre ist seit Jahren unerträglich. Eine angenehme Debattenkultur wird und kann teilweise nicht gepflegt werden. Das muss sich dringend ändern! Dazu gehören viele Akteure. Die Gemeindevertreter selbst, die Vorsitzenden, der Bürgermeister, die Verwaltung aber auch die Bürger selbst müssen reflektieren, ob eine Verhaltensänderung nötig wäre für eine bessere Debattenkultur. Ein Stören der Sitzungen durch Zurufe, Klatschen, Buhen, Pöbeln, Lachen ist in der Vergangenheit seitens der Bürgerinnen und Bürger zu oft passiert. So kann ein Orchester nicht angemessen arbeiten. Die Vorsitzende gibt als Dirigentin den Takt an und so ist, nachdem über eine Stunde die Bürger das Rederecht hatten, keine dritte Frage eines Bürgers zugelassen worden, was dazu führte, dass er des Saales verwiesen werden musste. Ein wahrlicher Tiefpunkt in der Geschichte der Grünheider Gemeindevertretung.
Ihnen scheint aber ein anderer Punkt viel wichtiger:
2. Undemokratische Gemeindevertretersitzung
Wir haben im Beitrag „Demokratie in Grünheide“ vom 09.11.2023 versucht deutlich zu machen, wie Änderungen in den Tagesordnungen zustandekommen und sehen im Verfahren mitnichten etwas undemokratisches. Hier eine kurze Chronologie zum Antrag TOP 28 zu TOP 7 vorzulegen:
a) Herr Kohlmann vom Bürgerbündnis beantragt, TOP 28 nach TOP 7 zu verlegen und das Rederecht für Herrn Müller-Enbergs einzuräumen.
b) Frau Hohmeyer-Angerstein stellt in dem Zuge die Frage, inwiefern eine inhaltliche Auseinandersetzung möglich ist, wenn der TOP im öffentlichen Teil behandelt wird.
c) Herr Giese (Leitung des Hauptamtes) führt aus, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten im öffentlichen Teil nicht möglich ist.
d) Frau Eichmann lässt abstimmen. Der Antrag wird mit 7 Ja-Stimmen, 9 Nein- Stimmen und 2 Enthaltungen abgelehnt. Somit kann Herrn Müller-Enbergs kein Rederecht erteilt werden.
e) Frau Hohmeyer-Angerstein beantragt, dass Herr Müller-Enbergs Rederecht im nicht-öffentlichen Teil erhält.
f) Frau Eichmann lässt abstimmen. Dem Antrag wird mit 16 Ja-Stimmen, 0‑Nein Stimmen und 2 Enthaltungen stattgegeben.
g) Das Bürgerbündnis zieht TOP28 zurück, um einen Antrag zu späterem Zeitpunkt erneut stellen zu können.
Was hieran ist undemokratisch?
3. Causa Christiani
Das Thema Stasi ist gerade in Grünheide sehr komplex und wird verständlicherweise auch sehr emotional geführt, weil so gut wie jeder in welcher Form auch immer betroffen war. Herr Christiani hat uns gegenüber klargestellt, dass er nicht informeller Mitarbeiter der Stasi war. Eine Überprüfung seiner Person hat in der Vergangenheit bereits zweimal stattgefunden.
4. Der eigene Tellerrand
Es ist immer wichtig, über den eigenen Horizont hinauszuschauen. Ein Grund warum wir uns neu aufgestellt haben und wir die Bürgerinnen und Bürger aktiv dazu auffordern, mit uns in Kontakt zu kommen, sich zu engagieren. Wir nehmen die Anreize auf, bewerten diese, ordnen ein und wägen ab. Unsere Augen und Ohren sind offen. Gleiches fordern wir von Ihnen als Vorsitzende des Vereins für Natur und Landschaft in Brandenburg e.V. und aktives Mitglied der Bürgerinitiative Grünheide, die sich vehement gegen den Teslastandort einsetzt.
Wir möchten darauf hinweisen, dass Sie auch die gesamtgesellschaftliche Perspektive in der Angelegenheit nicht aus den Augen verlieren. Wie gut es einer Bevölkerung geht, hängt zwangsläufig damit zusammen, wie gut es der Wirtschaft geht. 6% Wirtschaftswachstum im Land Brandenburg sind nicht zu vernachlässigen. Wir hoffen, Sie berücksichtigen das in Ihrer eigenen Abwägung.
5. Umweltschutz
Dass auch uns der Schutz der Umwelt ein wichtiges Anliegen ist, zeigt, dass wir vor kurzem den Landrat Frank Steffen bei uns begrüßen konnten, um das Thema Elsensee zu besprechen und Lösungsansätze darzustellen. Auch die Wälder unserer Region sind uns wichtig. Wie unter Punkt 4 genannt, ist uns auch hier eine Einordnung und Abwägung wichtig. Wir werden uns Entscheidungen in Zukunft nicht einfach machen und genau überlegen, ob ein Eingriff in die Natur nötig ist. Zudem können Sie sich sicher sein, dass auch in unseren Reihen zur Verlegung des Bahnhofs gemischte Gefühle bestehen.
6. SPD als Arbeiterpartei
Die Verbindungen zu Gewerkschaften sind nach wie vor vorhanden. Wie Sie aus den aktuellen Berichten entnehmen können, ist die IG Metall durchaus erfolgreich. Auch wir waren in der Vergangenheit an den Werkstoren tätig. Wir werden weiterhin Einfluss nehmen und unter anderem über die IG Metall auf bessere Arbeitsbedingungen pochen.
“Back to the roots” empfehlen Sie uns zum Schluss. Das machen wir, indem wir uns stets bewusst machen, warum und wofür man angefangen hat. Das heißt deshalb
1. Wir haben und hatten nie Dollarzeichen in unseren Augen. Wir schätzen aber ein Paragraphen-Zeichen, denn Normen und Regeln, die von jedem Bürger und jeder Bürgerin anerkannt werden müssen, sind Voraussetzungen einer rechtsstaatlich organisierten demokratischen Praxis.
2. Der Verweis auf ein demokratisches Verfahren ist nicht das einzige Argument, aber es ist das Grundlegende. Wenn es uns nicht gelingt, in den Ortsbeiräten und in der Gemeindevertretung auch strittige Sachverhalte in demokratischen Verfahren zu diskutieren und mehrheitlich zu entscheiden, manchmal auch unter Hinzuziehung externen Sachverstands, haben wir den Anspruch verloren, ein Ort lebendiger Demokratie zu sein.
3. Wir haben Kaiser, Adel und braunen wie roten Diktaturen widerstanden und ihnen Freiheits- und Gleichheitsrechte abgerungen, nicht für uns als Arbeiterpartei allein, sondern stets für alle Menschen. Und so werden wir es auch weiter halten, auch und gerade bei Meinungen, die wir nicht in allen Punkten teilen.
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